Mittwoch, 21. Juni 2006

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istanbulsplitterbild

alte mandeln

...den ganzen lieben vollen tag lang ausgerechnet einen alten schmachtfetzen von marc almond halbbewusst im ohr gehabt, an den ich schon seit ewig lang nicht mehr dachte, und, wie passend: she took my soul in istanbul. davon dann auch nur so irgendwie den refrain. und irgendwann dazu die eher belustigt neugierige frage: was um alles in der welt mache ich überhaupt auf einmal hier? will sagen: was machte mich so alles kommen..? nur mal so als gedankenspielerei, in alle richtungen offenes gillesdeleuzesches rhizom und rein assoziatives couchgeträume, was fällt ihnen ein wenn. britischer 80er schwulenpopschwulst. der am orient partizipiert, damit der sänger raunen und mehr ringe und lila tragen kann. und den man lange jahre dann so mitträllert. ...the scent of turkish oils
mixed with the harsh tobacco in the overcrowded bar...
here in a world where angels fear to gaze...and i a fool for love...
irgendwie gaga. irgendwie toll.
stadtgeschichte als zigtausendfach weltweit amplifizierte bildsplitter, die in jedem kopf anders wiederhallen und aufflackern. das kreuzbergernächtesindlangding. und dann blendet ein anderes bild sich dazwischen, das das nächste kurz aufleuchten lässt, das das andere überblendet, das das andere ausknipst. und dann eins zwei drei vier, city stadt città schehir. roma, das ist fellini und satyricon. und fellinis satyricon. und der melancholische mastroiani anita ekberg im brunnen. eine stadt die keine bilder macht ist keine. leute werfen sich abends bei tisch die bilder zu, einer setzt dem einen ein pasolinirom aufs fellinirom und plötzlich sitzt anna magnani neben anita ekberg im hirn. gleichberechtigt, irgendwas machen sie zusammen, ein neues rom im hinterkopf. und maria callas hat ein schwarzes gewand mit schleier an und während rituelle schlaginstrumente scheppern, bringt sie alle ihre kinder um. und maria callas ist dann auch rom, auch wenn sie medea heisst und in korinth wohnt als es rom noch nicht gibt.
- david bowie hat sich da die haare rot gefärbt, in berlin kannst du alles machen. und nick cave hat gesagt, in berlin sitzen alle immer am tresen, schütteln den kopf und sagen zu viel speed zu viel speed.
bis man dann eben eines tages ankommt sagt so ist die stadt, ich hab es immer gewusst, und eine friedrichstrasse mit starbucks und den leuten, die man zuhause abhängen wollte, schiebt sich ohne probleme quer durchs ausgedachte und gehört dann auch dazu...
wie kommen leute auf die stadt, in die sie gehen? welche legendenteilchen haben sie aufgelesen. und aus der wievielten hand. und plötzlich kommt dann beispielsweise eine kanadierin, die jahrelang im wald türkische lieder auf cassette hörte, hierher und singt selbst auf türkisch in einem film, der bilder über istanbul zeigt...karlheinz stierle hat das ja mal umfassend und systematisch für paris zu verfolgen versucht. zeichen und bewusstsein der stadt. aber das war irgendwie eine zäh philologische leistung und sich persönlich nachzuspinnen, macht viel mehr spass. ich sag kapstadt und was fällt dir ein?
(und was macht man aber, wenn der bruder eines freundes da in flensburg wohnt und man sich jahrelang dazu nur eine flächendeckende karteikarte vorstellen konnte - bis plötzlich das geräusch einer ploppenden bierflasche dazu kam..?)

In gewissem sinne bin ich übrigens wohl doch (noch) als fotograf ungeeignet - ein echter hätte seine kamera wohl immer greifbar: böge ein solcher nämlich in seine straße ein, liefe sie steil hinunter und dadurch direkt in ein sprühfahrzeug hinein, das in seine richtung eine unglaublich dichte, städtisch regelmäßig verordnete pestizidwolke bliese - er müsste nicht erst ewig seine tasche durchwühlen für ein foto, das es in seiner schwefligen apokalyptik mit leuna oder gotham city durchaus hätte aufnehmen können, wäre eben der sonntagsfotograf nur etwas vorbereiteter gewesen.
vor ein paar monaten gab es beispielsweise im palais tokyo eine videoinstallation, in der eine nebelwolke sich konstant in einer pariser strasse vor und zurück bewegte. nur war die da eben komplett gemorpht und hier war sie echt.
stattdessen ohne foto in die wohnung hoch und dort saßen auf einem vollkommen verqualmten balkon zwei leuteartige und die stimme von ugurs freundin las den umrissen von ugur aus ingeborg bachmanns erzählung otusuncu yil auf türkisch vor. schöne geschichte, mit der ich mich selbst auch schon seit jahren auf eben dieses alter einstimme.
anschliessend mit den beiden dann noch gelernt, dass es umso amüsanter sein kann, sich gegenseitig rätsel zu stellen oder filmscharade zu spielen, wenn man jeweils die sprache des andern so gut wie gar nicht versteht.
hat beispielsweise ein titel wie gülünün soldugu aksam wirklich 'drei' wörter oder ist es dann doch eurolinguzentrisch von mir, wenn ich sage, allein gülünün enthalte ja schon mindestens zwei?
ausserdem kenne ich das buch sowieso nicht und wer weiss, was das wieder ist: Deiner Rose Welke am Abend!?

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